"Die haben keinen Dom in Düsseldorf,
die haben einfach keinen!"

Schaut man aus dem Balkonfenster der Dachwohnung sieht man die zwei Dom-Spitzen im Hintergrund. "Wow, Wohnung mit Domblick", schießt es einem durch den Kopf.

Ein großer Koffer liegt geöffnet auf dem Wohnzimmerboden. Ein paar zerwühlte Kleidungstücke liegen darin. Claudia M. ist eine kleine, zierliche Frau, circa Mitte vierzig. Sie ist gestern aus dem Urlaub in Österreich zurückgekommen. Sie trägt ein apricotfarbenes Nicki-Kleid. Schulterfrei und über dem Knie endend, lässt es den Blick zu auf ihre gebräunte Haut. Ihre farngrünen Augen leuchten in ihrem gebräunten Gesicht. "Ich bin in Köln geboren, in Bayenthal, wenn ich mich recht erinnere. So gesehen bin ich Kölnerin, wenn man davon absieht, dass ich vom Pass her österreichisch bin. Meine Mutter ist sogar in Köln-Deutz geboren, wo ich jetzt lebe."

Krahnhäuser

Kranhäuser am Rheinauhafen in Köln. Foto: IS

Sie stellt zwei kleine Gläser Wasser auf den Tisch. "Da ist einem die Rivalität in die Wiege gelegt. Man macht gerne Witze über Düsseldorf. Man möchte die Klischees pflegen und die Rivalität am Leben erhalten. Das ist lustig." Sie sagt es mit Nachdruck, als ob kein Widerspruch und keine weitere Erläuterung vonnöten wäre.

Claudia M. presst plötzlich Luft aus ihren Lippen "Pfff ...", zischt es aus ihrem Mund. "Düsseldorf, pfff! Was ist das? Ist eben Provinz", sagt sie mit jetzt tieferer Stimme. "Das ist doch immer so. Ist doch genauso mit Köln und Bergheim oder wenn man ein Autokennzeichen SU sieht... Das bietet sich eben an." Und nach einem kurzen Schluck Wasser fährt sie fort, "wie oft habe ich mit Kollegen lange Diskussionen geführt? Dass ich auf der Schäl Sick wohne. Und welche Seite besser ist", sagt sie mit ernster Miene und lässt einen fast befürchten, das Arbeitsklima sei seither etwas vergiftet.

Auf die Frage, woher die Kölner das Selbstbewusstsein nehmen, hält Claudia M. einen Augenblick lang inne und antwortet, "Ich weiß es nicht. Ist eben das Selbstbewusstsein eines Städters, gemessen an der Provinz. An der Landbevölkerung in Anführungsstrichen." Auf die Bemerkung hin, Düsseldorf habe immerhin eine halbe Million Einwohner, winkt sie ab, "500.000 Einwohner, was ist das schon. In Köln leben doppelt so viele Einwohner." Claudia M. denkt weiter nach und für einen Moment zieht sie die Stirn hoch. "Die Düsseldorfer, die feiern den Karneval ja auch anders. Die haben ja ein Prinzenpaar mit Prinzessin. Also mit einer richtigen Frau. An sich finde ich das besser, weil es moderner und offener ist. Bei uns ist der Karneval immer noch eine Männerdomäne."

HBF Köln

Kölner Hauptbahnhof bei Nacht. Foto: IS

Claudia M. sucht weiter nach Antworten: "Aber das Selbstbewusstsein der Kölner, ob es daher rührt, dass sie den Erzbischhof verjagt haben? Also dass die sich früher gegen den Klerus gestellt haben?" Claudia M. holt jetzt Luft und mit einem Lächeln auf den Lippen sagt sie in einem feststellenden Ton: "Die haben keinen Dom in Düsseldorf, die haben einfach keinen!"

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